Jugendamt nimmt Müttern ihre Kinder weg, weil Beziehung zu eng ist
Gepostet am 06 December, 2019
Katharina Neuhaus
Redaktion
Ein geordnetes Umfeld, Sicherheit, viel Aufmerksamkeit und vor allem Liebe: All das brauchen Kinder, um sich bestmöglich entwickeln zu können und aufwachsen zu können. Aber kann man Kindern auch zu viel Liebe entgegenbringen? Ein Soziologe hat Fälle untersucht, bei denen das Jugendamt behauptet hat, die Beziehung zwischen Kind und Mutter sei zu eng – und das Kind ins Heim gesteckt hat.
„FOCUS Online“ berichtete über den Soziologen Wolfgang Hammer. Er ist Experte im Jugendhilfewesen und war Koordinator der Bundesländer für den Bereich Kinder – und Jugendpolitik. Seit 2013 ist er selbstständig und seitdem erzählen ihm Betroffene immer mehr von Fällen, bei denen Kinder aufgrund zweifelhafter Begründungen von ihren Müttern getrennt werden.
Eine Mutter mit ihrem Kind. (Symbolbild - www.iStock.com)
Hammer wählte aus 167 Fällen 42 Stück aus, um sie in einer Studie näher zu beleuchten. Dort hatte er Einblick in alle notwendigen Unterlagen wie Berichte, Protokolle oder Gutachten. Was auffällt: Bei 39 der 42 Fällen, waren die Mütter alleinerziehen und weiblich. Ihnen allen wurde ihr einziges Kind weggenommen. Die Begründung: Die Mutter-Kind-Beziehung sei angeblich zu eng.
Doch können Kinder wegen Bemutterung ins Heim gebracht werden? Jugendämter sind berechtigt, Kinder ins heim zu bringen, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes besteht. Dies bestand in keinem der Fälle. Im Gegenteil: „Es gab in keinem Fall vorher Meldungen an das Jugendamt durch Dritte mit Hinweisen auf eine Kindeswohlgefährdung“, heißt es in der Studie. Außerdem gab es eine weitere Gemeinsamkeit.
Eine Mutter mit ihrem Kind. (Symbolbild - www.iStock.com)
Alle Mütter hatten sich freiwillig ans Jugendamt gewandt. Sie baten um Unterstützung bei Unterhaltsforderungen oder Zuschüsse für Schulausflüge und Nachhilfe. Doch statt den Müttern zu helfen, unterstellten die Jugendämter eine zu enge Mutter-Kind-Bindung und nahmen den Müttern ihre Kinder weg. Für Mütter und Kinder ein traumatisierendes Ereignis. Der Soziologe hofft, dass seine Studie Deutschland und die Politik wachrüttelt. Denn es besteht dringender Handlungsbedarf.